Stromtrassen: Rottmann weist Kritik von Landrat Bold an der Arbeit der Bundesnetzagentur zurück

Zu den Äußerungen von Landrat Bold über laufende Trassensuchverfahren für neue Wechsel- und Gleichstromtrassen (Main-Post vom 15.03.2024: https://www.mainpost.de/regional/bad-kissingen/landrat-bold-im-interview-warum-sechs-stromtrassen-zu-viel-sind-und-der-kreis-bad-kissingen-akteneinsicht-will-art-11421886) erklärt die Bundestagsabgeordnete Dr. Manuela Rottmann:

„Der Ausbau des Leitungsnetzes für eine Vollversorgung aus Erneuerbaren Energien ist ein für die Zukunft unseres Wirtschaftsstandorts viel zu wichtiges Thema, als dass wir uns das widersprüchliche Vorgehen zwischen der Politik in München und der im Landkreis noch leisten können.

Staatsregierung fordert neue Leitungen

Noch im November forderte die Bayerische Staatsregierung mehr Leitungen für Bayern. Hubert Aiwanger griff damals die Bundesnetzagentur und ihren Präsidenten persönlich dafür an, dass die Planungen für Stromleitungen nach Bayern nicht ausreichend seien (https://www.sueddeutsche.de/bayern/bayern-stromtrassen-norddeutschland-staatsregierung-1.6303469). Die Bayerische Staatskanzlei forderte ausdrücklich eine weitere Hochspannungs-Gleichstrom-Kabelverbindung (HGÜ) von Norddeutschland nach Bayern (https://www.bayern.de/wp-content/uploads/2023/11/231114-Ministerrat.pdf, Punkt 4). Jetzt kritisiert der CSU-Landrat in Bad Kissingen die Bundesregierung dafür, dass sie einen Vorschlag macht, um die Forderung des CSU-Ministerpräsidenten in München zu erfüllen.

CSU hat Windkraft- und Netzausbau ein Jahrzehnt lang verzögert – jetzt kritisiert Bold das Tempo

Die Kritik des Landrats am Tempo der Planung fällt auf ihn selbst und die CSU zurück. Zehn Jahre lang hat die CSU in Bayern mit der 10H-Regelung den dezentralen Windkraftausbau genauso wie den Stromnetzausbau verhindert. Landrat Bold stand hinter dieser Politik.  Die Landtagspräsidentin Ilse Aigner räumt mittlerweile ein, dass diese Verhinderungspolitik ein Fehler war (https://www.tagesschau.de/inland/aigner-stromtrassen-101.html ). Nun fordert die CSU in München Tempo, während der CSU-Landrat in Bad Kissingen weiter auf der Bremse stehen will. So beschädigt man das Vertrauen in den Standort weiter.

Die Bundesregierung versucht, den Zeitverlust eines Jahrzehnts aufzuholen, den maßgeblich die CSU zu verantworten hat. Weder das Hochspannungsnetz noch das Verteilnetz in Bayern sind bislang für das von der CSU beschlossene Ziel der Klimaneutralität bis 2045 ausgebaut. Die nun neu vorgeschlagenen Trassen sind genau darauf ausgerichtet, dieses Ziel nicht immer nur zu beschließen, sondern zu erreichen. An den Beteiligungsmöglichkeiten von Betroffenen und Trägern öffentlicher Belange im Planungsfeststellungsverfahren ändert sich dadurch aber nichts.

Zweifellos bedeuten die neuen Trassen einen Eingriff in Natur und Landschaft. Die konkreten Trassen müssen so verträglich wie möglich geführt werden und die betroffenen Gemeinden und Bürger sollten die sachlichen Gründe für die konkrete Trassenführung nachvollziehen können. Daran sollten alle Ebenen gemeinsam arbeiten.

Trassenführungsvorschlag soll Windkraft- oder PV-Vorhaben im Landkreis fördern, nicht verzögern

Landrat Bold stellt auch in den Raum, die Trassenplanungen könnten Windkraft- oder Photovoltaikvorhaben verhindern oder verzögern. Der Vorschlag für den Verlauf der neuen Wechselstromtrasse P540 an Münnerstadt vorbei soll aber gerade den Anschluss des großen Windkraftvorhabens im Bildhäuser Forst einfacher machen.

Erstmals überhaupt würde hier die Planung des Übertragungsnetzes mit den vom Bayernwerk gemeldeten Ausbaubedarfen im Verteilnetz für den Anschluss von Windparks und PV-Anlagen verzahnt, so dass Kosten gespart werden und höhere Erträge in der Region verbleiben könnten, wenn die Vorhaben zeitlich synchronisiert werden können. So hätte die Region endlich auch einen Nutzen von den Leitungen und wäre nicht mehr nur Transitraum.

Diese Trassenführung ist nicht alternativlos. Man kann sich dagegen wenden und fordern, dass die Leitung wieder in Richtung Haßberge verschoben wird. Aber davor sollte man sich damit auseinandersetzen, ob das für den Landkreis Bad Kissingen wirklich ein Vorteil wäre oder ob dadurch nicht der weitere Ausbau der Erneuerbaren Energien im Landkreis behindert würde.

Haltlose Unterstellungen gegen die Bundesnetzagentur

Als unanständig empfinde ich die Unterstellung, die Bundesnetzagentur habe irgendetwas zu verbergen. Plausible tatsächliche Anhaltspunkte dafür nennt der Landrat keine, stattdessen raunt er über Andeutungen und angebliche „Verschnupftheit“. Hier wird versucht, Misstrauen in die Entscheidungen einer Genehmigungsbehörde zu säen.

Der Landrat selbst steht einer Behörde vor, deren Alltagsgeschäft es ist, Genehmigungen und Verbote zu erteilen. Ich bin sicher, er würde sich dagegen verwahren, wenn andere gegen das Landratsamt solche Unterstellungen erheben würden.“