Bei der nächsten Bundestagswahl werde ich mich nicht noch ein weiteres Mal um ein Bundestagsmandat bewerben.
Hinter mir liegen sehr intensive Jahre: Die erste Legislaturperiode war geprägt von der Corona-Pandemie – eine kaum vorstellbare globale Krise, die mich als Berichterstatterin für das Infektionsschutzgesetz und für das Wirtschaftsrecht sehr gefordert hat. Die Politik hat unter hohem Zeitdruck in das Leben von Millionen Menschen eingegriffen. Welche Eingriffe sind noch zu vertreten, um die Pandemie einzudämmen? Wie verhindern wir, dass gesunde Unternehmen in die Insolvenz gehen müssen? Was können wir für Selbständige tun, deren gesamte Altersvorsorge auf dem Spiel steht? Solche Fragen haben mir und meinen Kollegen schlaflose Nächte bereitet. Wir haben versucht, das Richtige zu tun, wissend, dass wir Fehler machen werden. Es folgte eine schwierige Regierungsbildung – für mich mit Koalitionsverhandlungen in zwei Themenbereichen. Dann war ich für ein Jahr Parlamentarische Staatssekretärin. In dieser Zeit erforderte der Angriffskrieg Putins auf die Ukraine wieder tiefgreifende Entscheidungen.
Wichtig war und ist für mich die Arbeit im Wahlkreis und ganz Unterfranken. Ich durfte viele Frauen und Männer kennenlernen, die als Unternehmerinnen, als Künstler oder im Ehrenamt den Unterschied in unserer Region machen – mit ihrer zupackenden Art, ihren Ideen, ihrem Mut, etwas auszuprobieren. Von diesen Begegnungen habe ich viel mitgenommen.
Im Wahlkreis war für mich immer die Maxime, für alle da zu sein, egal was sie wählen. Diejenigen, die sich an mich als Abgeordnete wenden, sollten eine möglichst gute Erfahrung mit der Demokratie machen. Viele Einzelschicksale haben meine Mitarbeiter und ich lange Zeit begleitet. Oft konnten wir helfen, aber nicht immer. Ich hoffe, dass alle gespürt haben, dass wir sie sehen und hören, dass auch im politischen Betrieb der einzelne Mensch zählt.
Ich habe mich in den vergangenen Jahren auch als Übersetzerin zwischen Stadt und Land verstanden. In der Bundespolitik bestimmen die Hauptstadtmedien, was für wichtig gehalten wird und was nicht. Deshalb ist die Sicht auf die ländlichen Räume oft voller Klischees oder einfach ignorant. Es braucht Hartnäckigkeit, die Bedürfnisse der Menschen außerhalb der Ballungsräume immer wieder auf die Tagesordnung zu setzen.
Jetzt steht der ländliche Raum im Mittelpunkt einer großen Veränderung – der Energiewende. Die Gemeinden und die Hauseigentümer nutzen die Chancen. Das ist nicht nur der Ausweg aus der Klimakrise. Es ist auch der Weg zu wirtschaftlicher Entwicklung aus eigener Kraft, zu größeren eigenen Entscheidungsspielräumen vor Ort. Dass uns diese Wende so schnell gelungen ist und dass ich dazu beitragen konnte, darauf bin ich stolz. Dass Städte, Gemeinden, Bürgerinnen und Bürger diese Veränderung selbst gestalten, macht Mut.
Verglichen mit den friedlichen Jahrzehnten in Westdeutschland steht die Politik in Deutschland und Europa gerade unter einem besonderen Bewährungsdruck. Die Klimaerhitzung gefährdet unser Überleben. Wir haben nur noch wenig Zeit, um diese Gefahr abzuwenden. Die äußeren und inneren Angriffe auf unsere Demokratie bedrohen unsere Freiheit, unseren Frieden und unsere Würde. Politik muss sich gerade in solchen Zeiten hinterfragen, sie muss über eingeübte Rituale und sich selbst hinauswachsen. Dafür habe ich gestritten. Ich war deshalb sicher nicht die geschmeidigste Abgeordnete für meine Fraktion. Aber anders geht es aus meiner Sicht nicht, wenn man das Land zusammenhalten will.
Ich nehme dieses Mandat und die damit verbundene Verantwortung sehr ernst. Das bedeutet aber auch, dass diese Arbeit mich viel Kraft kostet.
Von halben Sachen halte ich nichts. Deshalb habe ich mich entschieden, für die Bundestagswahl 2025 nicht mehr zu kandidieren. Damit unsere Demokratie nicht verkrustet, braucht es nicht nur jahrzehntelange glatte politische Berufskarrieren, sondern immer wieder neue Leute, die den steilen Weg gehen und ihre Lebenserfahrung und ihre Kraft für eine gewisse Zeit in die Parlamente einbringen. Je mehr Bürgerinnen und Bürger das tun und je offener die Parteien für solche Menschen bleiben, desto besser wird unsere Demokratie sein.
Vieles aus der Arbeit meiner letzten Jahre wird bleiben, und jede ist ersetzbar. In Unterfranken wächst die Grüne Partei, sie ist lebendig und ihre Mitglieder setzen sich vorbildlich im Ehrenamt für unser Gemeinwesen ein. Mir ist um Grüne Politik in Unterfranken nicht bange.
Bundestagsabgeordnete sein zu dürfen ist ein Privileg. Ich bin meinen Kreisverbänden Bad Kissingen, Haßberge und Rhön-Grabfeld, dem Bezirksverband von Bündnis 90/Die Grünen Unterfranken und den Grünen Bayern sehr dankbar, dass Sie mir diese Verantwortung zwei Mal anvertraut haben. Ich danke den Bürgerinnen und Bürgern dafür, dass ich so viel von ihnen lernen durfte. Ich danke vielen Weggefährten bei den Grünen, die mich unterstützt haben. Vor allem aber danke ich meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dafür, dass sie den steilen Weg mit mir gegangen sind.
Ich bleibe ein politischer Mensch und meiner Partei als streitbare Bürgerin treu. Es bleibt viel zu tun und es kommt auf uns alle an – gerade auf die, die nicht Berufspolitiker sind.