Warum ich den Antrag auf eine gerichtliche Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit der AfD unterstütze:
Drei Verfassungsorgane können einen Antrag beim Bundesverfassungsgericht stellen, die Verfassungsmäßigkeit einer Partei zu überprüfen: Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung. Die Hürden für diese schärfste und überdies zweischneidige Waffe des demokratischen Rechtsstaats gegen seine organisierten Feinde sind zu Recht hoch. Ein Überprüfungsverfahren ersetzt nicht die politische Auseinandersetzung mit der Politik der AfD und ihren Anhänger*innen.
Die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben nach den Erfahrungen mit der nationalsozialistischen Diktatur die Parteien besonders geschützt. Gleichzeitig haben sie aus ihrer Erfahrung mit der zunächst legalen Machtübernahme der NSDAP die Lehre gezogen, dass eine Demokratie sich gegen Parteien zur Wehr setzen können muss, die die Grundlagen unserer freiheitlich-demokratischen Ordnung angreifen, auch wenn sie dafür in demokratischen Wahlen Zustimmung erhalten. Ich nehme diese im Grundgesetz geronnene Erfahrung der Zeitzeugen des Nationalsozialismus sehr ernst.
Ich habe mich seit vielen Monaten mit der Frage befasst, ob ich einen Antrag des Bundestags auf Überprüfung der AfD unterstütze. Ich habe die Risiken eines fraktionsübergreifenden Antrags aus der Mitte des Bundestags gegen die Risiken eines weiteren Zuwartens sorgfältig für mich abgewogen. Ich komme zu dem Schluss, dass es für eine Überprüfung der AfD durch das unabhängige Bundesverfassungsgericht höchste Zeit ist.
Eine Partei ist verfassungswidrig, wenn sie nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgeht, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden (Art. 21 Abs. 2 GG).
Die AfD erfüllt nach meiner Einschätzung diese Voraussetzungen, weil
… wesentliche Teile ihrer Anhänger, Amts- und Mandatsträger aktiv für einen völkisch-nationalen Volksbegriff werben, der Menschen bestimmter Herkunft oder Religion vom Staatswesen ausschließt.
… die AfD mittlerweile enge personelle Verflechtungen zu rechtsextremen Vorfeldorganisationen und Bewegungen aufweist.
… ein planvolles Vorgehen zum Missbrauch staatlicher Institutionen und Ämter immer öfter erkennbar wird.
… ein Muster enger Kontakte von Mandatsträgern der AfD zu ausländischen Regimes erkennbar wird.
Die unübersehbar immer schnellere Radikalisierung der AfD erfordert jetzt die Einleitung eines Verfahrens, das Zeit brauchen wird, um die gebotene sorgfältige Überprüfung sicherzustellen. Wir dürfen damit nicht warten, bis die verfassungsfeindliche Gesinnung in den Institutionen unseres Rechtsstaats stark geworden ist.